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Tagebucheintrag 4-018 – HUAk

Sonderausstellung HUAk Enns | 2024

“Die Unteroffiziere”

Copyright 2024 by Photographics | Matthäus Häupl, Wien

Nach dem Mittagessen ist auch sofort der nächste Programmpunkt angestanden. Wir beziehungsweise ich mussten beim Kommandanten vorstellig werden. Also das schmutzige Geschirr ordnungsgemäß in dem dafür vorgesehenen Rollregal verstauen und Abmarsch in Richtung Kommandogebäude. Doch zu meinem Erstaunen, ich war schon darauf eingestellt, jetzt hochoffiziell vorsprechen zu müssen, gingen wir wiederum nur noch in eine weitere kleinere Cafeteria. Dort setzten wir uns abermals an einen Tisch, bestellten einen Kaffee bei der Ordonnanz, so heißen hier die Kellner und warteten auf das Eintreffen des Herrn Oberst.

Nach einer kurzen Weile kam ein weiter Soldat mit solch einer Fleckerlteppichuniform in die Cafeteria, blieb zackig im Türrahmen stehen, grüßte mit einem Salut in die Runde und kam in schnellem Schritt auf unseren Tisch zu. Der Herr Vizeleutnant Rudi begrüßte den Herrn Oberst und sogleich wurde auch ich ihm vorgestellt. Nach einer kurzen, aber sehr herzlichen Begrüßung habe ich dann auch gleich die genaue Einweisung für die nächsten Tage bekommen. Ausführlich und in kurzen sachlichen Worten hat mir der Herr Oberst erklärt, was mich in den nächsten Tagen so alles erwarten würde. Wie schon bekannt ist mein Begleiter und meine Ansprechperson für die nächsten Tage der Herr Vizeleutnant. Ohne ihn kann und soll ich keinen eigenen Schritt machen und seinen Anweisungen ist von meiner Seite aus unbedingt Folge zu leisten. Auch werde ich dabei einen umfangreichen Einblick in die Ausbildung der Unteroffiziere erhalten. Sprich, ich darf bei möglichst vielen Ausbildungsaufgaben tatkräftig dabei sein und habe so die Möglichkeit, zur gemeinsamen Erfüllung des jeweiligen Auftrags beitragen zu können. Klar wird sich dabei alles nur an meinen bisher errungenen Fähigkeiten orientieren, dennoch werde ich aber dabei zusätzlich auch eine ganze Menge neue Erlebnisse später mit nach Hause nehmen können.

Abschließend wies mich der Herr Oberst noch eindringlich darauf hin, dass bei allem, was in den nächsten Tagen auf uns zukommen wird, immer der Grundsatz gilt, dass Sicherheit vor dem Übungszweck gilt. Das heißt einfach übersetzt, bevor man Gefahr läuft, dass einem Kameraden oder einem selbst etwas passieren könnte, ist die laufende Aktion sofort abzubrechen. Dennoch wünschte er mir dann noch viel Erfolg und viel Spaß in den nächsten Tagen und wir werden uns am Ende wiedersehen und da müsste ich ihm dann unbedingt alle meine neuen Eindrücke ausführlich erzählen. Und danach war er auch schon vorbei, der eher gemütliche Rapport bei Kaffee und Kuchen. Ich gebe zu, so habe ich mir das am Anfang nicht wirklich vorgestellt.

Anschließend ist dann aber wirklich losgegangen. Wir sind alle auf den großen Appellplatz vor dem Kommandogebäude gegangen, wo die anderen kursteilnehmenden Soldaten schon gewartet haben. Der Herr Vizeleutnant hat mit zackigem Kommando die ganze Truppe in Reih und Glied aufgestellt und danach dem Herrn Oberst Meldung gemacht. Nach der Begrüßung der Teilnehmer kam die Aufgabenstellung und Einteilung für die nächsten Tage und anschließend wurden alle in einzelne Gruppen aufgeteilt. Die jeweiligen Zugskommandanten haben ihre Einheiten übernommen und ihrerseits noch mal eine eigene kleine erweiterte Einweisung gemacht. Danach war Aufsitzen auf den zugeordneten Fahrzeugen angesagt. Ich allerdings durfte mit dem Herrn Vizeleutnant in einem eigenen Auto nach fahren und so ging die gemeinsame Verlegung zu dem nahe gelegenen Garnisonstruppenübungsplatz auch schon los. Dort, so habe ich mitbekommen, würde sich ab jetzt das meiste des Geschehens in der nächsten Zeit abspielen.

Vor Ort angekommen, war nach dem Absitzen von den Fahrzeugen ein erneutes Formatieren der Einheiten angesagt. Vize Rudi hat mich jedoch beiseite genommen und wir sind gemeinsam in einen kleinen Raum im Bauernhaus gegangen, um mir dort in aller Ruhe die notwendigen Grundlagen für die nächsten Tage beizubringen. Er hat mir erklärt, dass Unteroffiziere grundsätzlich als Rückgrat des Heeres bezeichnet werden und dadurch auch eine umfangreich gute Ausbildung brauchen. Bei solch einer dürfte ich ja jetzt in nächster Zeit ein wenig hineinschnuppern.

Da für die Anwärter, für die in weiterer Folge deren Aufgabenspektrum sehr vielfältig ist und sie als Spezialisten in verschiedensten Fachgebieten arbeiten werden, erstreckt sich solch ein Kurs über achtzehn Monate. Dieser besteht allerdings aus drei Abschnitten und nach erfolgreich abgeschlossener Prüfung werden die Teilnehmer dann mit dem Dienstgrad Wachtmeister belohnt. Auf meine Frage, was sie dabei alles genau beigebracht bekommen, hat mir Vize Rudi erklärt, dass es dabei hauptsächlich um das Führen von Menschen geht. Dazu sind eine klare Kommunikation und eine ausführliche Planung die unbedingten Grundlagen, die jeder einzelne ordentlich beherrschen muss. Im ersten Teil, der circa fünf Monate dauert, werden hauptsächlich die militärischen Grundlagen vertieft, der richtige Umgang mit der Ausrüstung geübt und die ersten Führungsaufgaben übernommen. Im zweiten siebenmonatigen Abschnitt findet dann die fachspezifische Spezialisierung statt und die Führung von Soldaten wird auch weiter geübt. Im dritten und letzten Teil findet dann die effektive Ausbildung zum Kommandanten und Ausbilder statt. Dazu werden die Teilnehmer auf die Führungsaufgaben vorbereitet und ihnen auch Fremdsprachen und die wichtigsten Punkte der Rechtslehre beigebracht. Wenn die Unteroffiziere mit der Ausbildung fertig sind, müssen sie in der Lage sein, eine komplette Soldatengruppe zu führen, die immerhin aus acht bis zehn Soldatinnen und Soldaten besteht.

Nach dieser ausführlichen Erklärung über die Ausbildung hat mir Vize Rudi noch erklärt, dass es für mich heute gleich mal mit den militärischen Grundlagen und dem richtigen Umgang mit dem Gerät losgehen wird. Zudem sind wir in den Keller des Bauernhauses marschiert und dort habe ich dann auch so einen Rawummskolben, wie ihn alle Soldaten haben ausfassen dürfen. So ein ähnliches, nur um einiges größer, hatte ich ja auch schon damals auf dem Schießstand mit dem Herrn Brigadier ausprobieren dürfen, der ja zufällig vor einigen Jahren auch einmal Kommandant von dieser Schule gewesen ist. Danach ist es wieder hinaus zu der Truppe gegangen. Ich bin in eine Gruppe eingegliedert worden und wir sind zu einer freien Wiese neben dem Wald aufgebrochen.

Dort angekommen, hat der Gruppenkommandant jedem von uns mit den Worten „Hier Stellung“ einen Platz hinter einem kleinen Wall zugewiesen und wir mussten uns dort dann alle liegend in Deckung begeben. Danach hat er jedem einzelnen seine Hauptschussrichtung sowie den Feuerbereich mit linker und rechter Grenze erklärt. Das war zum Beispiel ein Baum, ein Hügel, eine Bank, ein Strauch oder ein sonst klar erkennbares Objekt. Sinn der ganzen Übung war, dass man so einen ganz schön großen Raum abdecken kann, da sich die einzelnen Bereiche immer ein wenig überschnitten haben. Auch kann dadurch verhindert werden, dass einfach nur kreuz und quer herum geschossen wird. Jeder darf nur dann schießen, wenn ein mögliches Ziel in seinem eigenen Bereich auftaucht. Das hat Sinn.

Als jeder seinen zugewiesenen Platz bezogen hat und entsprechend der Einweisung ausgerichtet war, haben wir alle noch so Knallpatronen bekommen, um dem realistischen Eindruck eines Kampfes ein wenig Nachdruck zu verleihen. Und dann sind wir eine gefühlte Ewigkeit nur dagelegen und haben einfach unseren Feuerbereich kontrolliert. Es war totenstill. Nur die Vögel und das leise Rauschen der Blätter hat man vernommen, bis auf einmal das laute Kommando vom Gruppenkommandanten gekommen ist: „Feuer frei.“ Und dann ist es losgegangen mit der Ballerei. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass sich die Soldaten, die die Feinde darstellen sollten, schon ziemlich nahe an unsere Stellung vorgearbeitet hatten. Doch mit gemeinsamer Kraft und taktisch richtigem Einsatz haben wir es dann doch geschafft, sie wieder zurück in ihre Stellungen zu drängen.

So ist es dann noch in etlichen anderen Szenarien den ganzen Nachmittag weitergegangen. In unmittelbarer Nähe von unserer Gruppe ist dabei immer einer von den Ausbildern gestanden, hat den Gruppenkommandanten genau beobachtet, wie er so agiert und hat sich immer wieder Notizen in seinem Buch gemacht.

Der erste Tag war ja wirklich ganz spannend mit den vielen neuen Erlebnissen, aber ich war dann doch ordentlich geschafft an diesem Abend.


Video-Erklärung und Informationen zum Thema


Informationen zu der Grafik

Standort des neuen Fotos (2024)Treffling OÖ
Titel eingearbeitetes altes BildSchießausbildung ca. 1975
Archiv | Urheber altes BildArchiv Bartl / ÖBH

Die ganze Reise findet ihr unter www.zeitreisende.at


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Besten Dank, das Team von Photographics






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