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Tagebucheintrag 4-022 – HUAk

Sonderausstellung HUAk Enns | 2024

“Einfach mal ankurbeln”

Copyright 2024 by Photographics | Matthäus Häupl, Wien

Heute sollte der Tag sein, auf den ich mich irgendwie schon ein wenig gefreut habe. Vize Rudi hat da schon mal so eine Andeutung gemacht, dass es darum gehen wird, die Kommunikation zwischen den einzelnen Einheiten herzustellen und ich dürfte wieder mal aktiv dabei mithelfen. Das ist ja genau das, was ich im Fernmeldemuseum vom Herrn Oberst schon alles in der Theorie gesehen hatte, und jetzt bestand eben die Möglichkeit, das auch in die Praxis umzusetzen. Da war ich natürlich schon wieder einmal komplett davon überzeugt, dass ich mich in diesem Themenbereich schon wirklich gut auskennen würde, aber wie immer musste auch hier wieder einmal die eigene Überzeugung hinter der realen Tatsache anstehen. Aber jetzt erst mal der Reihe nach.

Ich habe ja schon gelernt, dass Nachrichtenverbindungen innerhalb der eigenen Streitkräfte und Informationen über den Gegner seit jeher eine wichtige Grundlage für diverse Krisenbewältigungen sind. Die rasche Übermittlung von Informationen sowie die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind oft entscheidend über Sieg oder Niederlage. Besonders wichtig dabei ist die sichere Übermittlung von Nachrichten innerhalb der Armeen auf dem Gefechtsfeld. Erst diese machen es den Heeresführern möglich, schnell zu reagieren und auch die richtigen Entscheidungen zu treffen. Durch die Nutzung der modernen Elektrizität zur Übermittlung von Nachrichten ist diese wesentlich beschleunigt worden und war dann auch über große Entfernungen möglich. So stellt das ein ganz wichtiges Rückgrat in der Führung der Einheiten dar und muss demnach auch ordentlich ausgeführt werden. Dazu gibt es eben Spezialisten, die das wirklich gut können, und bei solchen durfte ich heute mitarbeiten.

Wir haben uns in der Früh vor dem Bauernhaus am Truppenübungsplatz getroffen und ich wurde der Fernmeldespezialeinheit zugeordnet. Nach einer kurzen Einweisung vom Gruppenkommandanten, wie das alles heute so ablaufen wird, war allerdings als Erstes einmal Gerödel aus fassen angesagt. Und von dem haben wir eine ganze Menge bekommen. Das waren Unmengen von verschiedensten Kommunikationsapparaten, unzählige große und kleine Trommeln, auf denen schwarze Kabel aufgewickelt waren, diverse Stangen in verschiedenen Längen, einige Kisten mit einem Haufen Kleinklumpert, Werkzeugkästen und so weiter, und so weiter. Meine Überlegungen, wie wir paar Soldaten das alles transportieren sollten, wurden aber recht schnell beantwortet, da wir zu dem ganzen Zeug auch noch so einen großen Truppentransporter und einen von den kleinen grünen Geländegefährten dazubekommen haben. Also war heute zum Glück mal nicht Marschieren und Schleppen angesagt. Ist ja vorerst schon mal positiv.

Gemeinsam mit dem Haufen Equipment haben wir dann in den vorgesehenen Einsatzraum verlegt. Ein paar von uns haben sofort die militärische Sicherung aufgebaut und die anderen haben das Gelände erkundet. Der Gruppenkommandant hat mich zur Seite genommen und mir vorerst einmal erklärt, worum es bei diesem Einsatz eigentlich geht. Wir haben quasi die Aufgabe bekommen, die Nachrichtenverbindungen zwischen den einzelnen Kommanden, den Beobachtungsstellen und den Bereitschaftsräumen herzustellen. Dazu haben wir verschiedenste Möglichkeiten zur Verfügung. Zum einen bauen wir zwischen den fix stationierten Räumen jeweils eine eigene kabelgebundene Verbindung auf und zu den in Bewegung befindlichen Einheiten eine Funkstrecke. Dazu müssen natürlich auch all die Kabel, die wir aus gefasst haben, im Gelände verlegt werden. Dabei ist allerdings aufzupassen, dass diese von gegnerischen Einheiten auch nicht zu finden sind, sprich wir müssen diese ordentlich verstecken. Danach bauen wir so eine Art Feldvermittlung auf, die den Knotenpunkt der zusammenlaufenden Nachrichtenverbindungen darstellt. Dazu brauchen wir auch noch ein paar Richtfunkantennen, die wir aus den übrig gebliebenen Kabeln bauen und in den Bäumen verstecken werden. Also, es steht heute ein bissl Arbeit an, denn alles muss bis zum späten Nachmittag alles einsatzfähig sein.

Nach einer kurzen Vorbereitungszeit ist es dann auch schon so richtig losgegangen. Wir haben kilometerlange Kabel verlegt. Teilweise oben in den Bäumen und teilweise haben wir die auch ein Stück im Boden vergraben. Ein bissl komplizierter ist es jedes Mal geworden, wenn ein Weg oder eine Straße zu queren gewesen ist. Aber so ungefähr bis Mittag haben wir es mit vereinten Kräften geschafft, alle Verbindungskabel dort hinzubringen, wo sie benötigt werden. Nach einer kurzen Pause mussten wir noch die ganzen Gerätschaften für ihren weiteren Einsatz vorbereiten. Telefone mussten angeschlossen werden, Funkgeräte auf die richtigen Frequenzen einstellt, bei allen schauen, ob eh genug Strom drinnen ist, die zugehörigen Antennen bauen und in den Bäumen richtig ausgerichtet aufhängen und dann natürlich abschließend alles fein säuberlich beschriften, sodass jeder genau weiß, welcher Apparat wohin führt. Um Punkt sechzehnhundert sind wir mit dem Aufbau fertig gewesen und haben die Funkbereitschaft hergestellt, denn um sechzehn dreißig war die große Funküberprüfung seitens des übergeordneten Kommandos angesetzt. Diese haben wir natürlich bravourös gemeistert und danach war erst mal Funkstille angeordnet. Nicht bei uns, sondern bei den Geräten.

In dieser Zeit hat mir der Gruppenkommandant noch einiges über den weiteren Einsatz dieser Vermittlungsstelle und den Grundsätzen für die Durchführung erklärt. Da jeder Fernmeldeverkehr vom Gegner abgehört, angepeilt oder auch gestört werden kann, sind dafür einfach umzusetzende Regeln notwendig. Als Erstes wird die allgemeine Verkehrsabwicklung immer in einer international verständlichen und der effektive Nachrichteninhalt in deutscher Sprache durchgegeben. Außerdem wird bei den Nachrichten möglichst Klartext vermieden und so werden diese entweder verschlüsselt oder getarnt übermittelt. Manche Geräte haben heutzutage schon automatische Verschlüsselungssysteme. „Die kenne ich schon“, habe ich ihn unterbrochen, „Die habe ich beim Oberst im Museum schon ausgiebig ausprobieren dürfen.“ „Na super“, hat er gemeint, “dann kennst dich damit ja eh schon perfekt aus.“ Danach ist es aber dann doch noch um einiges komplexer geworden. Wäre ja zu einfach gewesen.

Für eine verständliche Übermittlung bedarf es zusätzlich noch ein paar weiterer Grundlagen, um diese auch bei einer schlechten Verbindung einwandfrei gewährleisten zu können. So gibt es genaue Vorgaben, wie zum Beispiel schwierige Worte am besten buchstabiert werden und so jeder sie verstehen kann. Die meisten davon sind sogar ganz plausibel, wie Charlie für ein C, oder Papa für ein P. Bei manchen muss man aber erst mal drauf kommen, wie Alpha Echo für ein Umlaut A. Wenn man da jetzt ein Datum mit Uhrzeit, wie zum Beispiel den dreizehnten Jänner zweitausendvierundzwanzig um acht Uhr durchgeben möchte, dann würde sich das so anhören: „ONE – THREE – ZERO – EIGHT – ZERO – ZERO – ALPHA – JULIETT – ALPHA – NOVEMBER – TWO – FOUR“

Und genau an dem Punkt war es dann bei mir endgültig vorbei mit dem allgemeinen Verständnis für die richtige Durchführung eines militärischen Funkbetriebes. Da waren einfach zu viele Vorschriften und Regeln auf einmal in dieser kurzen Zeit. Das kann man sich ja alles gar nicht so schnell merken. Da ist mir doch das fernmündliche Reden mit diesen Kommunikationsdingern, wie Babs mir damals eines geschenkt hat, viel, viel lieber. Da braucht man nicht auf all die Sachen genauestens aufzupassen, wenn man einem einmal was erzählen möchte. Aber dennoch verstehe ich die Notwendigkeit, dass man hier nicht einfach alles ganz klar heraus plaudern darf. Bloß das ist wiederum etwas, was wirklich eindringlich gelernt und anschließend ordentlich geübt gehört, bis das man das auch wirklich alles im Schlaf beherrscht. Unser Gruppenkommandant war dann aber doch recht nett zu mir, da er natürlich auch gewusst hat, dass man so etwas nicht in ein paar Minuten erlernen kann und hat er mich eben bei den drahtgebundenen Telefonen eingeteilt. Hier war meine einzige Aufgabe, die eingehenden Nachrichten einfach nur zu notieren und in weiterer Folge würden sich die anderen Kameraden um die Entschlüsselung und richtige Weitergabe kümmern. Dabei kann man am wenigsten falsch machen. Lustig bei diesen Telefonen war allerdings, dass wenn man jemanden erreichen möchte, dann muss man zuerst einmal ordentlich an der kleinen Kurbel drehen und bevor man spricht, auf den Knopf am Hörer drücken. Warum das so kompliziert ist, habe ich an diesem Tag nicht wirklich herausbekommen.

Wir haben dann noch bis zum Eintreffen der Dunkelheit die eine oder andere Meldung angenommen und an die richtige Stelle wieder abgesetzt, und ich muss sagen, man ist eigentlich relativ schnell in dieses doch nicht alltägliche System der Kommunikation hineingekommen. Am Schluss hat es sogar ordentlich Spaß gemacht. Doch wenn es am schönsten ist, steht auf einmal der Vize Rudi da und wir beide mussten wieder zurück in die Stadt fahren. Für mich war heute dieser doch überaus spannende Einsatz beendet und ich war nebenbei auch schon wirklich froh, endlich die Füße auf gleiche Höhe mit dem Kopf zu bekommen.


Video-Erklärung und Informationen zum Thema


Informationen zu der Grafik

Standort des neuen Fotos (2024)Wald bei Treffling OÖ
Titel eingearbeitetes altes BildFM Truppen um 1960 / 1985
Archiv | Urheber altes BildArchiv Prikowitsch / ÖBH FM-Museum

Die ganze Reise findet ihr unter www.zeitreisende.at


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Besten Dank, das Team von Photographics






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