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Tagebucheintrag 4-025 – HUAk

Sonderausstellung HUAk Enns | 2024

“Abschied auf Zeit”

Copyright 2024 by Photographics | Matthäus Häupl, Wien

Jetzt sind diese paar schönen Tage an der Heeresunteroffiziersakademie auch wieder vorbeigegangen. Heute ist mein letzter Tag. Das ist mir in der Früh beim Aufstehen erst so richtig bewusst geworden. Kein Vizeleutnant Rudi, der mich zeitig abholt und auf den Truppenübungsplatz fährt, keine Befehlsausgabe mehr am Morgen, in der einem die Aufgabe vom Tag vermittelt werden und auch kein Auftrag, der zu jeden Wetterbedingungen erfüllt werden muss. Nein, denn mein Auftrag heute war einfach nur um neun Uhr in der Kaserne anzutreten, dem Herrn Oberst über meine Eindrücke Bericht zu erstatten und anschließend meine Ausrüstung wieder abzugeben sowie mich bei allen, die sich nicht im Einsatz befinden, zu verabschieden. Also nichts wirklich Aufregendes. Dennoch überfiel mich beim Frühstück ein wenig Wehmut, denn es war irgendwie anders heute. Es fehlte etwas ganz gewaltig.

Demnach schmeckte mir auch das Frühstück nicht wirklich, welches ich nach einigen Tagen erstmalig wieder ausgiebig konsumieren hätte können und ohne dem es mir früher nicht wirklich möglich gewesen wäre, in einen bevorstehenden Tag überzugehen. Ich stocherte nur ein wenig beiläufig in den Eiern mit Speck herum, schlürfte ein wenig missmutig meinen Kaffee hinunter und verbrachte eigentlich mehr Zeit damit, die letzten Tage mit den ganzen Eindrücken Revue passieren zu lassen.

Kurz nach acht packte ich alles zusammen, was ich in der Kaserne abzugeben hatte und machte mich auf den Weg. Bei der Wache bin ich diesmal ohne weitere Probleme durchgekommen, da mich eh schon alle gekannt haben und beim Eintreffen in der Cafeteria war natürlich wie immer die übliche Fragestunde über die letzten paar Tage unter den Anwesenden zu erfüllen. Es hat sich dabei natürlich ein intensives Gespräch ergeben, in dem die ganzen Aspekte der einzelnen Aufgaben von unterschiedlichsten Seiten betrachtet und erläutert wurden. Fast hätte ich dabei aber wieder einmal die Zeit übersehen, denn ich musste ja noch einen ganz wichtigen Termin einhalten. Um zehn Uhr war beim Herrn Oberst Meldung machen angesagt. Zuvor wollte ich aber auch noch den Vize Rudi aufsuchen, doch dieser war an diesem Tag wie vom Erdboden verschwunden. Keiner hat gewusst, wo er sich eventuell herumtreibt und in seiner Kanzlei war er auch nicht anzutreffen. So bin ich dann halt alleine zum Herrn Oberst gegangen.

Punkt zehn Uhr habe ich an der Kommandokanzlei angeklopft. Die nette Vorzimmerdame hat mich hereingebeten, mir gleich ein paar Keksl und einen Sitzplatz angeboten, da es noch ein wenig dauern würde, bis dass ich beim Herrn Oberst vorsprechen könne, denn er ist mit seiner vorherigen Besprechung noch nicht ganz fertig geworden. Aber es würde sicher nicht mehr lange dauern. Es hat dann doch ein wenig länger gedauert und ich hab die Zeit genützt, um in einem Buch über die Geschichte der Stadt, welches auf dem kleinen Tisch gelegen hat, ein wenig zu schmökern. Gerade als ich mitten in den spannendsten Geschichten drinnen war, hat der Herr Oberst dann doch seine Besprechung beendet und ich durfte zu ihm eintreten. Anschließend war auch diesmal wieder ein genauso herzlicher Empfang wie vor einer Woche. Er hat sich aufmerksam meine Schilderungen der einzelnen Erlebnisse angehört und war am Ende sehr erfreut, dass es mir so gut bei ihnen gefallen hat. Gerne hätte ich noch länger mit ihm über das eine oder andere geplaudert, aber leider, wie es bei den Kommandanten eben so ist, haben wieder irgendwelche Leute etwas von ihm gebraucht und er musste zum nächsten Termin abrauschen. Das dürfte halt das leidige Schicksal eines Kommandanten sein.

Ich habe jedenfalls danach meine ausgefasste Ausrüstung brav abgegeben und dann war auch schon der Zeitpunkt gekommen, an dem ich die Kaserne für die nächste Zeit endgültig verlassen musste. Noch einen letzten Gruß bei der Wache hineinwerfen und den Marschweg in Richtung meiner Unterkunft antreten. Doch mir war zu dem Zeitpunkt noch nicht wirklich nach allgemeiner Gesellschaft zumute und so bin ich einfach zum Fluss hinuntergegangen und habe mich ein wenig ans Ufer gesetzt. Die Kameraden und Freunde, die ich in dieser Woche kennenlernen durfte, haben mir jetzt schon gehörig gefehlt. Es war irgendwie ein ganz besonderes Gefühl, wenn man mit einem gemeinsamen Auftrag den ganzen Tag beschäftigt ist und diesen versucht, mit vereinten Kräften zu dem bestmöglichen Ergebnis zu führen. Das schweißt einfach ordentlich zusammen. Auch privat. Na ja, hilft nichts. Das ist halt jetzt vorbei, aber vielleicht kann man das ja auch den anderen da draußen so weit vermitteln, um im normalen Alltagsleben besser und ohne gröbere Konflikte wieder bestehen zu können. Ich glaube, das ist in eurer Welt doch ein wenig abhandengekommen. Jeder ist nur mehr so dermaßen auf sich selbst und sein Eigenes konzentriert, dass ein Miteinander fast nicht mehr möglich ist. Die sollten mal alle so ein paar Tage in dieser Schule schnuppern wie ich, dann würden sie vielleicht auch wieder anders an die Sachen herangehen. Aber ich glaube, das schaut ein wenig nach Wunschdenken aus, denn denen da draußen das beizubringen, da werden sie sicher genügend Ausreden haben, warum so etwas nicht möglich ist. Da kann man dann halt nur selber mit der erlangten Erkenntnis das Beste daraus machen und schauen, dass man nirgends gröber aneckt. Schade nur, dass ich mich bei Vizeleutnant Rudi nicht mehr verabschieden habe können. Das war auch so eine ganz besondere Begegnung, die man nicht missen möchte und die nicht so einfach nur daherkommt. So etwas muss man sich schon auch erarbeiten. Genauso wie alle anderen neuen Freunde in dieser Woche.

Irgendwann bin ich dann doch aufgebrochen in Richtung meiner Unterkunft, denn ich hatte auch schon einen gehörigen Hunger. Als ich oben über den Hauptplatz marschiert bin, wer sitzt da im Gastgarten und grinst mir breit zu? Der Herr Vizeleutnant Rudi. „Na. Ham’s dich leicht nicht rauslassen aus der Kaserne?“ waren dann gleich mal seine begrüßenden Worte. Auf meine Erklärung, dass ich ihn eh schon den ganzen Tag überall gesucht hätte, hat er nur gemeint, dass er halt noch einiges zu erledigen gehabt hat, aber jetzt eh da wäre und wir uns erst mal was Ordentliches zum Essen bestellen und dann weiter reden können. Also auf diese Überraschung war ich wirklich nicht vorbereitet und es hat mich auch sehr gefreut, ihn doch noch mal treffen zu können. Mit einem Mal war meine ganze Trübseligkeit von vorhin wie weggeblasen und so haben wir uns miteinander ein deftiges Abschlussmahl vergönnt. Es gab ein vorzügliches Rindersteak auf Pfeffersauce mit Rosmarinkartoffeln und Gemüse. Hab ich übrigens schon mal erwähnt, dass die in dieser Ecke von dem Land wirklich sehr gute Speisen zubereiten können?

Nach dem ausgiebigen Essen, einer gehörigen Nachspeise und unzähligen Erläuterungen über die erlebten Geschichten in den letzten Tagen war dann die große Geschenkannahme meinerseits dran. Vize Rudi hat sich wie ein junges Kind gefreut, als er mir als Andenken eine Glastafel mit dem eingravierten Wappen der Akademie und dazu einen ganzen Haufen Bücher zum Thema der Schule und der Geschichte der Stadt Enns überreicht hat. Ich habe mich natürlich außerordentlich gefreut über die ganzen Geschenke, die die Erinnerungen an die schöne Zeit aufrechterhalten werden. Aber das sollte für diesen Abend noch nicht alles sein, wie sich später herausstellte. Wir haben noch einige Zeit weiter geplaudert über das Thema, und er hat mir dabei erzählt, dass nach jedem Kursabschluss genau hier auf dem Hauptplatz der große Tag der Wachtmeister stattfindet. Da bekommen die erfolgreichen Teilnehmer ihren verdienten Dienstgrad Wachtmeister und den Ehrenring der Heeresunteroffiziersakademie in einem großen Festakt verliehen und sind somit als fester Bestandteil in der Führungsebene des österreichischen Bundesheeres verankert. Bei so einem Fest wäre ich auch gerne einmal dabei gewesen. Das muss sicher eine ganz tolle und eindrucksvolle Sache sein.

Doch in einem kleineren Rahmen sollte so etwas auch mir heute noch zuteilwerden. Jetzt weiß ich nämlich auch, was der Herr Vizeleutnant den ganzen Tag getrieben hat. Nach und nach sind sie die meisten Freunde von dieser Woche, ebenfalls mit einem breiten Grinser im Gesicht eingetrudelt. Vize Rudi hat tatsächlich alle Ausbilder, die ich treffen durfte, und etliche Kameraden dazu vergattert, an dem heutigen Abend mit mir ein wenig den Abschluss zu feiern. Auch der Herr Oberst ist nochmals dazugestoßen und hat diesmal sehr viel Zeit zum Plaudern mitgenommen. So ist dieser letzte Abend unter Freunden dann ein ganz einmaliger Schlusspunkt zu der aufregenden Woche geworden.

Am späten Abend haben wir allerdings alle in das Innere des Lokals verlegen müssen, und es ist unweigerlich ziemlich spät geworden in dieser Nacht. Dennoch war es das wert. So eine Kameradschaft und Freundschaft findet man nicht alle Tage und darum sind wir auch so verblieben, dass wir den Kontakt weiter aufrechterhalten werden, um uns demnächst wo auch immer wiederzusehen.

Danke nochmals an alle für diese unvergesslichen wunderschönen Tage bei euch.


Video-Erklärung und Informationen zum Thema


Informationen zu der Grafik

Standort des neuen Fotos (2024)Hauptplatz Enns
Titel eingearbeitetes altes BildFahnenweihe 1965 / Tag der Wachtmeister
Archiv | Urheber altes BildHUAk Enns / ÖBH

Die ganze Reise findet ihr unter www.zeitreisende.at


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Besten Dank, das Team von Photographics






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