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Tagebucheintrag 4-008 – FM-Museum

Sonderausstellung FüUS Wien | 2025

“Schwerer Strom”

Copyright 2024 by Photographics | Matthäus Häupl, Wien

Die nächsten Tage haben wir dann bei mir daheim verbracht. Julchen hat natürlich sofort meine mittlerweile schon beträchtlich angewachsene Fachbücherei gefunden. Das war eben ein gefundenes Fressen für die Kleine. Es war nicht möglich, sie auch nur ein paar Millimeter vom Küchentisch wegzubewegen, weil sie viel zu sehr vertieft in der fachlich spannenden Lektüre war. Da half es auch nicht, dass Günter ab und zu mal seine unbedingt notwendigen Bezirksrunden beanstandet hatte. Sie hat immer nur kurz gemeint, dass das meine Aufgabe sei und ich das erledigen solle. Sie könnte derweilen eh auch alleine auf die Unterkunft aufpassen. Dennoch, ich war da gar nicht so böse darüber. So konnte ich ein wenig Auszeit nehmen von den vielen Fragen, die sich bei ihr immer wieder neu auftaten, und so habe ich mir mit Günter eben ab und zu ein wenig notwendige Frischluft einverleibt. Dabei war für mich natürlich auch endlich wieder die Möglichkeit gegeben, mir zu meinem ursprünglichen Vorhaben in aller Ruhe ein wenig mehr Gedanken zu machen. Ich glaube, der kleine Racker hat das schon auch mitbekommen, denn die Abstände, in denen er nach draußen drängte, wurden im Laufe der folgenden Tage immer kürzer. Ich bin überzeugt, er wollte mir damit ein wenig helfen, da ihm die momentane Situation wahrscheinlich auch nicht ganz geheuer vorgekommen ist.

So war dann der tägliche Ablauf fast immer derselbe. Julchen hat Bücher gewälzt und mich mit Fragen bombardiert, Günter hat den richtigen Zeitpunkt abgepasst, an dem es genug war, anschließend sind wir nach draußen, haben nachgedacht und beim Heimgehen das Essen für die Kleine mitgenommen. Es war eigentlich trotzdem eine ein wenig spaßige Arbeitsaufteilung. Nur wirklich was weitergegangen ist auch nichts. Also musste ich mir schleunigst etwas einfallen lassen, wie ich diesen Trott schnellstmöglich beenden konnte. Es konnte ja auch nicht sein, dass wir all diese schönen Tage nur zu Hause verbringen würden und außerdem war auch ich mittlerweile ein wenig unrund, da es mich innerlich immer mehr nach neuen Geschichten drängte.

Irgendwann beschloss ich, dem Treiben jetzt vorerst einmal ein Ende zu setzen und habe einfach einen Termin mit René in irgendeinem Gastgarten in der näheren Umgebung ausgemacht. Zum einen wollte ich ihm ja eh auch schon lange über meine bisherigen Erlebnisse berichten, zum anderen fand ich es gar nicht als so eine blöde Idee, ihn mit der kleinen Kretzn bekannt zu machen. Vielleicht kann ich sie ihm ja umhängen? Nein, ich gebe zu, das war jetzt ganz bös von mir, aber vielleicht hätte er ja eine gute Idee, in welcher Richtung wir weiter auf Recherchen gehen könnten. Dem fällt ja immer was ein, mit seinen vielen Kontakten nach überallhin.

Gedacht, getan. So haben wir uns dann am nächsten Tag in der wunderschönen Gastwirtschaft am Berg oben verabredet, in der ich damals auch schon das Vergnügen mit dem verschnupftem Soldaten Andreas hatte. Julchen war zwar von der Idee nicht so wirklich begeistert und wollte lieber weiter daheim bei den Büchern bleiben, doch es half alles nichts. Sie musste einfach mit. Oben am Berg war sie dann aber doch hellauf begeistert von der überragenden Aussicht auf die große Stadt, den genüsslichen Errungenschaften, die dieser Gasthof darbot sowie dem dazugehörigen perfektem Gastgarten. Sprich, ich hatte sie wirklich überzeugen können, dass es neben der Theorie auch noch eine Praxis gibt, die weitaus mehr an Erlebnissen beinhaltet als die trockenen Erklärungen und Erläuterungen in den diversen Fachbüchern.

Irgendwann ist auch der René aufgetaucht und es ergab sich sofort wieder ein ausführliches Gespräch über die letzte Zeit, in der sich ja wirklich einiges Neues ereignet hatte. Doch diesbezüglich war er heute nicht wirklich sehr interessiert an meinen Geschichten und reagierte lediglich auf die Fragen von der Kleinen mit ausführlichen und umfangreich ausgemalten Antworten. Wahrscheinlich hat er sich darin ein neues Betätigungsfeld für die Darstellung seines umfangreichen Wissens gesehen. Lediglich die Sache mit dem Herrn Oberst, und dass der auf einmal so komisch sein soll, hat ihn ein wenig aus seinem neuen Vorhaben herausgeholt. Bestätigt hat sich für mich dann diese neue Situation, als Julchen mal für kleine Mädchen musste. In der kurzen Zeit hat er mir den Vorschlag unterbreitet, dass wenn ich für ihn einen Auftrag übernehmen würde, er sich derweilen um meine Schwester kümmere und ihr all ihre Fragen so weit es ihm möglich ist beantwortet. So könnte ich gleichzeitig auch quasi ein wenig Urlaub von ihr nehmen.

Auf meine Frage, wie er sich das genau vorstellt, hat er nur gemeint, dass er einem ganz netten Herrn Oberst, der im südlichen Teil der Stadt ein ganz tolles Museum betreibt, versprochen hat, ihm einige alte Akkumulatoren zu besorgen und diese gehörten eben heute Nachmittag abgeholt und anschließend dorthin geliefert. Was Akkumulatoren sein sollen, hat er mir so erklärt, dass das in meiner Sprache wohl so eine Art Stromkisteln sein werden und ich das eh sehen werde, wenn ich diese abhole. Wie immer hat er mir für meine Überlegungen natürlich mal wieder keine Zeit gelassen, denn bevor die Kleine wieder zurück war, habe ich schon wie selbstverständlich den Übernahme Übergabe Beleg in der Hand gehabt, sowie die genaue Einweisung für den Ort der Abholung und den für die Lieferung bekommen. Demnach war es für ihn also klar, dass das jetzt alles so ablaufen würde, wie er sich das vorgestellt hat. Dem Julchen hat er erklärt, dass ich an diesem Nachmittag plötzlich etwas ganz Wichtiges zu erledigen hätte und er sich ab jetzt dafür opfern würde, all ihre noch offenen Fragen ausführlich zu erläutern.

Mit irgendwie einem ganz komischen Gefühl im Magen habe ich mich dann auf den Weg gemacht, um diesen etwas besonderen Auftrag für René ordnungsgemäß zu erfüllen, denn das mit dem Widersprechen hatte ich ja schon mal und das kommt bei ihm nicht ganz so gut an. Zum einen war ich ja froh, dass er sich ein wenig um meine kleine Schwester und ihren Unmengen an Fragen kümmern würde, zum anderen war ich aber auch davon überzeugt, dass er wahrscheinlich nur eine Gelegenheit gesehen hat, sich einer eher unangenehmen Aufgabe zu entledigen. Na ja, er wird schon sehen, was er davon hat. Die kleine wird ihm die Zeit schon ordentlich versüßen und so wird er es sicher bald bereuen, die ominösen Stromkisten nicht selbst abgeliefert zu haben.

Egal. Günter und ich sind dann los, um mein Motorrad zu holen und anschließend zu dem vereinbarten Übergabeplatz zu fahren. Nach einer gefühlten Ewigkeit quer durch die Stadt, da es denn Anschein hatte, als ob ausgerechnet heute alle genau in dieselbe Richtung fahren wollten, in die wir auch mussten, sind wir dann endlich bei dem Abhollager angekommen. Dort war erst mal angesagt, eine zuständige Person zu finden, der dann in einfachen Worten zu erklären um was es geht, um dann mit so einem komischen selbstfahrenden Hebding eine ganze Palette von kleinen Holzkisten neben meinem Motorrad abgestellt zu bekommen. „Na bum,“, dachte ich mir, „wie soll ich das nur alles damit transportieren?“ Beim Verladen bin ich mir dann drauf gekommen, dass der René doch auch wieder ein kleiner Schuft ist. Und mir ist ab dem Zeitpunkt auch bewusst geworden, warum er sich vor diesem Auftrag geschraubt hat. Das war nicht nur eine ein bissl größere Menge an kleinen Kisten, sondern die hatten zusätzlich allesamt auch ein wenig ein bissl ein Gewicht. Das hat sich dann so ausgewirkt, dass ich mir beim Einschlichten in meinen Beiwagen, der sich dabei immer mehr in Richtung des Bodens bewegte, innigst gehofft hatte, dass zumindest jedes einzelne dieser Kastln einer überaus bohrenden Frage von der Kleinen an den René entsprach.

In einer kleinen Verschnaufpause habe ich mir es aber nicht nehmen lassen, einmal zu ergründen, was da eigentlich so Schweres da drinnen ist. Angeblich sollte sich im Inneren ja dieser für mich bis heute noch immer äußerst geheimnisvolle Strom befinden. Doch als ich eine geöffnet hatte, befanden sich darin nur weitere kleine Würfel, die aus einem eher schweren Metall gefertigt waren und damit in Summe zu dem enormen Gewicht der doch relativ kleinen Holzkisten beigetragen haben. Das soll also jetzt der besagte Strom sein, mit dem auch diese Straßenbahnen und Lokomotiven in der heutigen Zeit betrieben werden? Komisch. Das war jetzt wieder einmal so eine Sache, die sich ohne fremde Hilfe nicht von selbst erklären lässt. Da muss ich noch ein wenig weiter nachhaken. Vielleicht kann ich ja beim Empfänger dieser schweren Ladung ein paar weiterführende und plausible Einzelheiten in Erfahrung bringen.

Irgendwie habe ich die ganzen Akkus dann doch noch so halbwegs in meinem Gefährt verstauen können, nur dagestanden ist dieses jetzt wie ein alter Heuwagen mit Achsbruch. Dementsprechend lustig war dann auch die Fahrt zur Endladungsstelle. Günter hat auf dem Tank zwischen meinen Beinen Platz nehmen müssen und ist bei jeder Kurve hin und her gerutscht. Die Kraft, die mein Motorrad zur Verfügung hat, war hart an der Belastbarkeitsgrenze genauso wie das Gestell. Darum haben halt diesmal wir die ganzen anderen Teilnehmer auf der Straße ordentlich aufgehalten, da schnelles Fahren einfach nicht so wirklich möglich war. Noch dazu ging es kurz vor dem Lieferort auch noch bergauf. Zu diesem Zeitpunkt war ich auf René kurzfristig einmal nicht mehr ganz so gut zu sprechen. Hoffentlich geht das alles nur gut aus.


Podcast-Erklärung und Informationen zum Thema


Informationen zu der Grafik

Standort des neuen Fotos (2024)HGM Wien Frontansicht
Titel eingearbeitetes altes BildTruppenverlegung ca. 1975
Archiv | Urheber altes BildArchiv Bartl / ÖBH

Die Bilder der Originalausstellung sind im Format Format 120x90cm / Leinwand auf Keilrahmen / von echtleinwand | Wien produziert worden.

www.echtleinwand.at

Die ganze Reise findet ihr unter www.zeitreisende.at


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Besten Dank, das Team von Photographics






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