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Tagebucheintrag 4-012 – FM-Museum

Sonderausstellung FüUS Wien | 2025

“Kommunikation im Boden”

Copyright 2024 by Photographics | Matthäus Häupl, Wien

Ein neuer Tag, ein neues spannendes Erlebnis. Für heute sollte wieder erwarten etwas ganz Besonderes anstehen. Doch vorweg noch mal zurück zu gestern. Der Herr Oberst ist nach einer geraumen Zeit dann doch noch von der Besprechung zurückgekommen und hat uns alle drei mit den Köpfen in diesem ominösen Gerät mit der Klaviatur vorgefunden. „Noo “ hat er gemeint, „habt ihr euch schon ein neues Betätigungsfeld gefunden? Und damit kennt ihr euch auch wirklich aus?“, und hat gelacht. Ich habe ihm anschließen versucht zu erklären, dass sich hier eben für uns die einmalige Möglichkeit ergeben hat, mit einem richtigen Fachmann in die Arbeitsweise von so einem Gerät hineinschauen zu können. Er hat das auch wirklich verstanden und war eher sehr begeistert, dass wir so viel Interesse an seinen gesammelten Gerätschaften an den Tag gelegt haben. Anschließend gab es natürlich auch eine ausführliche technische Erläuterung von ihm dazu. Wir haben erfahren, dass dies damals eine Art Innovation war, da hier eine ganz neue Technik zum Einsatz gekommen ist. Zwar war es jedes Mal eher ein wenig kompliziert, die einzelnen Kommunikationsstellen miteinander zu verbinden und anschließend auch zu synchronisieren, um die richtige Übermittlung der Nachrichten sicherstellen zu können, aber zu der Zeit war das eben das beste und Neueste. Seither hat sich natürlich die ganze Technik enorm weiter entwickelt und so etwas verwendet heutzutage keiner mehr, außer wir hier im Museum. „Aber wenn euch so was schon so sehr interessiert,“ waren seine abschließenden Worte vor dem Heimgehen, „dann seit erst mal gespannt, was uns morgen so alles erwarten wird. Da werdet ihr erst Augen machen.“

So sind wir halt ziemlich zeitlich in der Früh mit sehr großen Erwartungen an den Tag im Museum eingetroffen. Der Herr Oberst allerdings war zu dem Zeitpunkt scheinbar schon ziemlich umtriebig gewesen. Auf unsere Frage, was leicht heute besonderes anstehen würde, hat er nur gemeint, dass wir einen gemeinsamen Ausflug machen würden, da er heute selber ein wieder funktionsfähig gemachtes altes Gerät in einem Feldversuch ausprobieren möchte. Was das genau sein soll, hat er natürlich nicht verraten. Wir haben dann nur einige Stangln, Kabeln, zwei Holzkistln und eine Schachtel voll anderem Equipment in sein Fahrzeug verladen und sind danach gemeinsam zu dem großen Rummelplatz in der Mitte der Stadt gefahren. Dort war ja die große schöne Wiese, auf der ich, wie schon erwähnt, beim ersten Besuch dieses besagte Klavier, allerdings damals wirklich als Musikinstrument gefunden habe.

Zum Glück, aber zu unserem Pech war im Bereich der großen Wiese allerdings keine Möglichkeit gegeben, unser Gefährt kurzfristig abstellen zu dürfen. So war also erst mal Schleppen angesagt. Jeder von uns hat einen größeren oder kleineren Teil von dem ganzen Gerödel gepackt und sind zu der Wiese marschiert. Dort angekommen, hat es erst mal eine ausführliche Einweisung vom Herrn Oberst gegeben. Er hat uns erklärt, dass das, was wir heute ausprobieren wollen, eine der ersten Techniken gewesen ist, mit der damals eine Kommunikation über weitere Entfernungen erstmals drahtlos möglich gewesen ist. Dazu nutzt man quasi als Übertragungsmedium zwischen den einzelnen Stationen lediglich das Erdreich. Unsere fragenden Gesichter in dem Moment kann sich sicher jeder vorstellen. Doch anstatt uns diese Geschichte zu erklären, hat uns der Herr Oberst zuerst mal eine äußerst ausführliche Einschulung in die Grundlagen der Telegrafie gegeben.

„In den Anfängen der Fernkommunikation war es notwendig, dass man die Sätze, die man übertragen möchte, in einzelne Zeichen auflöst. Sprechen über weitere Entfernungen, außer man hatte ein extrem lautes Organ, war zu damaliger Zeit noch nicht möglich. Das ist erst sehr viel später entwickelt worden. Ihr habt es ja vor Kurzem auch selber ausprobiert, mit den Fahnen und Fackeln. Da hat auch jedes einzelne Zeichen eine ganz bestimmte Bedeutung und die kann man halt über weite Strecken sehen. Will man aber jetzt mithilfe von Strom diese Distanzen überbrücken, braucht man ein wenig mehr dazu. So hat man das Morsealphabet entwickelt. Hierbei werden jedem einzelnen Buchstaben unterschiedliche lange und kurze Impulse zugeordnet und somit kann man jetzt ganze Sätze übertragen. Das war schon mal sehr innovativ, um viel mehr Informationen übermitteln zu können.“ Jetzt hat es angefangen, bei mir im Kopf schön langsam zu rauchen. Zwar habe ich das mit dem Zerlegen der einzelnen Buchstaben in eindeutige kurze Zeichen schon in gewissen Maßen verstanden, dennoch habe ich mir zu dem Zeitpunkt noch nicht vorstellen können, wie man so etwas in kurzer Zeit praktisch anwenden kann. Wahrscheinlich ist es aber genauso wie bei einer Sprache, die man lernt. Die klingen ja auch alle unterschiedlich und für diejenigen, die sie können, ist es selbstverständlich, diese anzuwenden. Ich glaube, da kommt jetzt ein wenig Lernen auf mich zu. Julchen jedenfalls ist schon nach den Erläuterungen mit den Fahnen und Fackeln ausgestiegen und hat es bevorzugt lieber mit Günter auf der Wiese herumzutoben. Ich habe derweilen weiter sehr interessiert den spannenden Ausführungen des Herrn Oberst gelauscht.

Während wir nebenbei mit dem Aufbau der Versuchsanordnung begonnen haben, habe ich von ihm die genaueren Informationen zu unserem heutigen Experiment bekommen und dabei bin auch ich fast ausgestiegen. „Irgendwann “, hat er mir erzählt, „ist dann ein ganz kluger Kopf drauf gekommen, dass man ja diese Stromimpulse zur Übermittlung verwenden kann. So sind die dann damals vor fast einhundertfünfzig Jahren hergegangen und haben diese Wechselspannung einfach mal in den Boden geleitet und siehe da, sie konnten die Informationen übertragen.“ Auf meine Frage, was Wechselspannung ist, hat mir der Herr Oberst erklärt, dass Strom grundsätzlich einen Plus- und einen Minuspol hat. Das ist notwendig, damit sich die Elektronen auch bewegen können. Diese wandern dabei immer vom Plus zum Minuspol. Das ist Energie und man nennt das dann eben Strom. Beim Wechselstrom wechselt die Polung in einer sehr hohen Geschwindigkeit immer wieder ihre Richtung und das wiederum nennt man Frequenz. „Das werde ich zum besseren Verständnis später noch ganz gut brauchen können.“, hat er gemeint. Doch das war zu dem Zeitpunkt auch für mich noch ein wenig zu hoch und ich glaube, er hat das auch sehr wohl mitbekommen. “Das wird schon, wenn du erst mal in der Materie drinnen bist, wird das alles für dich viel klarer werden.“ Na, schau ma mal.

Wir haben dann jedenfalls diese ominöse Fernsprechanlage weiter aufgebaut, um endlich mal ein Ergebnis zu sehen. Der Herr Oberst ist an das eine Ende der Wiese gegangen, hat dort zwei von den Staberln in einem gewissen Abstand in den Boden gesteckt. Hat diese mit einem der Holzkastln verbunden, ein kleines Ding mit einer Wippe und einer Taste sowie ein Teil, welches er sich anschließend um die Ohren gelegt hat, auch dort eingestöpselt und mir den Auftrag gegeben, dasselbe auf der anderen Seite von der großen Fläche zu machen. Dazu drückt er mir noch eine Tafel in die Hand, auf der allen Buchstaben Linien und Punkte zugeordnet waren, erklärt mir dazu, dass ein Punkt ein kurzer Druck auf die Taste und ein Strich ein langer ist, zeigt mir noch, wie ich das Kastl einschalte und schickt mich ans andere Ende. Dort habe ich versucht, den Aufbau genauso wie er herzustellen. Hab das Kastl aktiviert und siehe da, aus den Hörern auf meinen Ohren kamen auf einmal wirklich diverse lange und kurze Piepstöne heraus. Das war also jetzt wirklich eine der ersten drahtlosen Übertragungen und die funktioniert wirklich. Faszinierend.

Ich habe dann versucht, mir die einzelnen Zeichen aufzuschreiben und mit der Tafel zu entschlüsseln. Da entstanden ja wirklich ganze Sätze und mit der Zeit habe ich den Bogen auch raus gehabt, wie es funktioniert. So haben wir uns dann noch eine schöne Zeit lang diverse Nachrichten hin und hergeschickt. Es hat verdammt viel Spaß gemacht, nur Julchen und Günter war das alles ziemlich wurscht. Die haben lieber weiter in der Gegend herumgetobt und so auch ihren Spaß gehabt. Es sei ihnen vergönnt. War ja auch ein wunderschöner Tag.

Irgendwann war dann aber der Strom in diesen Kasteln, die ich dem Herrn Oberst am Anfang gebracht habe, aus und wir mussten wohl oder übel den Heimweg antreten. Jetzt weiß ich auch, was da drinnen war und für was man es verwenden kann. Doch leichter sind die nicht geworden, obwohl nix mehr drinnen ist. Egal, wird schon seine Richtigkeit haben. Der Herr Oberst hat mir bei der Heimfahrt auf jeden Fall noch erklärt, dass diese Technik damals bis zu zehn Kilometer Entfernung funktioniert hat und die Basis für weitere innovative Entwicklungen war, die wir teilweise noch bis heute im Einsatz haben.

So war das heute auch wieder ein ganz einmaliger Tag. Ich habe sehr viel Neues gelernt und bin schon gespannt, wie die Geschichte mit der Stromübertragung morgen weitergehen wird.


Podcast-Erklärung und Informationen zum Thema


Informationen zu der Grafik

Standort des neuen Fotos (2024)Kaiserwiese Wien
Titel eingearbeitetes altes BildSoldatencamp ca. 1987
Archiv | Urheber altes BildArchiv Bartl / ÖBH

Die Bilder der Originalausstellung sind im Format Format 120x90cm / Leinwand auf Keilrahmen / von echtleinwand | Wien produziert worden.

www.echtleinwand.at

Die ganze Reise findet ihr unter www.zeitreisende.at


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Besten Dank, das Team von Photographics






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