
Tagebucheintrag 4-030 – FM-Museum

Sonderausstellung FüUS Wien | 2025
“Die heilige Senderöhre”

Das Thema, um das es sich bei unserem ausgiebigen Frühstück am neuen Tag gedreht hat, kann sich wohl jeder lebhaft vorstellen. Die Faszination mit dem Wellen-Sichtbarmachen von gestern war bei uns allen noch in ausreichendem Ausmaß vorhanden und so haben wir aufmerksam den weiterführenden Erläuterungen und erklärenden Skizzen des Herrn Oberst gelauscht. Nach und nach ist mir das ganze Mysterium wieder erwarten, dann doch immer plausibler vorgekommen. Er hat es uns aber auch mit einer Engelsgeduld und einem enormen Fachwissen wirklich sehr gut erklärt, sodass sogar Julchen angefangen hat, es zu kapieren. Nur Günter war das alles wieder einmal komplett egal. Für ihn war einzig wichtig, dass er ab und zu ein wenig was von der leckeren Frühstückswurscht abbekommen hat. Doch nach und nach hat die Kleine immer mehr Selbstsicherheit gewonnen und wieder einmal unverfroren begonnen, mit ihren Fragen ordentliche Löcher in den netten Herrn Oberst zu bohren. Mir ist das alles im Laufe der Zeit dann schon auch ein wenig peinlich geworden und er hat mir dabei wirklich leidgetan. Dennoch muss ich ehrlichkeitshalber aber auch zugeben, dass ich es sogar ein bissl genossen habe, denn dadurch brauchte ich einfach nur mehr zuhören und hatte so einfach mehr Ruhe, mir die komplizierten Informationen in meinem Kopf zusammen zu reimen.
Bei der anschließenden Heimreise zurück in die große Stadt hatte dann aber ich wieder die Möglichkeit, mit dem Herrn Oberst über die wirklich wichtigen Dinge zu plaudern. Julchen musste nämlich mit Günter auf der rückwärtigen Sitzbank Platz nehmen und ist, kaum sind wir auf die große Straße aufgefahren, eh sofort eingeschlafen. Somit war wirklich Ruhe eingetreten und ich versuchte ein paar der letzten Fragen zum Thema senden, beantwortet zu bekommen. Was mich dabei am meisten interessiert hat, ist, wie man es schafft, auf eine Welle aus Energie die gesprochenen Texte einfach so drauf zu legen, denn ich war davon überzeugt, dass die Geschichte mit dem Schiffchen lediglich eine vereinfachte und bildliche Erklärung war. Dem hat mir der Herr Oberst auch gleich mal zugestimmt, hat dann aber anschließend doch auch ein wenig überlegen müssen, wie er mir das jetzt am besten und einfachsten beibringen könnte.
„Schau mal Mädel.“, hat er gemeint. „Das mit der Modulation von Sprache, Bildern und Informationen auf elektromagnetische Wellen ist ein sehr hoch komplexes Thema. Wie bringe ich dir das jetzt am einfachsten bei? Aber versuchen wir es einfach mal so. In diesen ominösen Kasteln, wie du es nennst, sind verschiedene Bauelemente drinnen, die in ihrem Zusammenwirken, das nennen wir dann die Elektronik, solche Sachen einfach erst möglich machen. Dir das alles aber jetzt im Detail zu erklären, da würden wir circa dreimal um die Erde fahren müssen und selbst dann wären wir noch nicht fertig mit dem Thema. Das müsstest du studieren und das dauert einige Jahre. So musst du dich jetzt einfach mal damit abfinden, dass dem einfach mal so ist. Was allerdings ein Hauptelement in diesem Zusammenspiel für die Modulation ist, ist eine sogenannte Elektronenröhre. Nur kurz mal was Grundsätzliches vorweg. Wie kann man eigentlich so eine Sinuswelle modulieren? Die einfachste Methode ist die Frequenzmodulation. Die ist relativ einfach zu bewerkstelligen und dadurch auch kostengünstig, ist aber recht störanfällig, da man hier nur den Abstand der Wellenberge vergrößert oder verringert. Eine weitere Methode ist die Amplitude, sprich den Ausschlag der Welle zu verändern. Hier bleibt der Abstand gleich, nur die Höhe wird anders. Die letzte Methode ist die Phasenmodulation und die wird hauptsächlich in der modernen Kommunikationstechnik verwendet. Das kann man eben alles mit solch speziellen Senderöhren machen.“
Mir ist ab jetzt nichts mehr anderes übrig geblieben, als still den Ausführungen des Herrn Oberst zu lauschen, da das, was er mir da versucht hat zu erklären, meine Vorstellungskraft bei weitem überbeansprucht hat. Aber schauen wir mal, vielleicht wirds ja noch. „Diese Senderöhren sind mit Strom steuerbare Elemente, mit den man solche gewünschten Manipulationen bei Wellen vornehmen kann. Diese waren bis zur Entwicklung der Transistoren in allen Sende- und Empfangsanlagen im Einsatz. Warum auch in Empfangsanlagen? Na, weil man, wenn man was draufmoduliert, dann braucht man auch genau so ein Ding, um das auch wieder zu demodulieren. Klar?“ Nichts war klar. Aber ich konnte in dem Moment auch keine kluge weitere Frage dazu stellen, da ich ein ganz kleines Bissl mit alldem überfordert war. „Macht nichts “, hat der Herr Oberst gemeint, „wenn wir wieder im Museum sind, werde ich die solche Röhren einmal zeigen. Das passt eh ganz gut, da ich ein paar von denen für eine besondere Ausstellung in diesem Jahr zusammen richten muss. Da können wir uns das am praktischen Objekt anschauen.“ Die restliche Zeit unserer Heimreise haben wir dann eher nur mehr über private Sachen geplaudert. Ich hab ihm ein paar Anekdoten von meinen Reisen erzählt und er mir von seinen aufwendigen Waldarbeiten und was er nicht noch alles in nächster Zeit bei seinem Haus umzubauen hat.
Am nächsten Tag, es sollte heute unser vorerst letzter Einsatz im Fernmeldemuseum sein, hat mir der Herr Oberst dann wirklich seinen umfangreichen Schatz an alten Röhren gezeigt. Die waren alle fein säuberlich in Regalen im Kellerlager eingeschlichtet und sind mir bei meinem ersten Besuch gar nicht so bewusst aufgefallen. So ändert sich eben auch automatisch der Blick auf die Dinge, wenn man einmal weiß, was das ist. Na ja. Jedenfalls habe ich ihm noch tatkräftig geholfen, seine Schmuckstücke aus Glas auf Hochglanz zu polieren, um sie bei der Ausstellung natürlich bestens zur Geltung kommen zu lassen. Dabei ist mir auch die jeweils zugehörige Anwendungs- und Funktionsweise der einzelnen Elemente ausführlich erklärt worden.
Zuletzt haben wir auch noch ein ganz heiliges Teil aus den Regalen hervorgekramt. Das war ziemlich schwer und hat aus zwei Teilen bestanden. Der Herr Oberst hat mir ganz stolz erzählt, dass diese eine Senderöhre ist, die aus einem der größten Radiosender am Rande der Stadt stammt und eine der wenigen ist, die solch eine Dimension gehabt hat und mit Wasser gekühlt werden musste, da bei der Umwandlung natürlich auch einiges an Hitze entstanden ist. Ich war fasziniert davon. Weiters habe ich im Zuge dessen auch noch erfahren, dass in diesem Land heuer einhundert Jahre Radio gefeiert wird und diese Röhren eben in dem Rahmen zur Schau gestellt werden sollen. Das mit dem Radio hat damals mit dem eher vorher illegalen Sender Radio Hekaphon in der Drestnerstraße angefangen, später hießen die dann Radio Rot Weiß Rot, auch mal RAVAG und bis heute dann Radio Wien. Daraus ist auch der ORF herausgegangen. Was immer jetzt auch der ORF sein mag. Aber das werde ich sich auch noch irgendwann herausfinden.
Wir haben dann alle wertvollen Röhrenelemente sauber in Papier eingewickelt und in stabilen Schachteln für den Transport verstaut. Mit jedem Teil, das wir eingepackt haben, ist mir immer mehr bewusst geworden, dass wieder einmal ein ganz tolle Zeitspanne mit spannenden neuen Erlebnissen zu Ende gehen wird. Und dieser Punkt ist dann auch unweigerlich am Nachmittag gekommen. Wir haben gemeinsam noch einen vorerst abschließenden Rundgang durch das Museum gemacht, uns anschließend beim Herrn Oberst für alles ganz herzlich bedankt und schlussendlich ein wenig nachdenklich den Heimweg angetreten.
So reihen sich jetzt auch diese paar besonderen Tage, die mit vielen neuen Informationen und auch mit neuen guten Freunden gespickt waren, nur mehr zu den anderen schönen Erinnerungen dazu. Ich hoffe, dass der Herr Oberst möglicher Weise in nächster Zeit wieder ein wenig Hilfe brauchen könnte und ich ihn dabei wieder unterstützen darf. Wenn nicht, dann komme ich ihn einfach mal so besuchen und schau, was es im Museum alles Neues gibt. Denn ich bin überzeugt, er wird in den nächsten Jahren auch nicht wirklich aufhören, weiter zu sammeln.
Podcast-Erklärung und Informationen zum Thema
Informationen zu der Grafik
Standort des neuen Fotos (2024) | FM-Sammlung – Starhemberg Kaserne |
Titel eingearbeitetes altes Bild | Czeija & Nissl Radio Hekaphon 1934 |
Archiv | Urheber altes Bild | Bezirksmuseum Brigittenau |
Die Bilder der Originalausstellung sind im Format Format 120x90cm / Leinwand auf Keilrahmen / von echtleinwand | Wien produziert worden.
Die ganze Reise findet ihr unter www.zeitreisende.at
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Besten Dank, das Team von Photographics