
Tagebucheintrag 4-009 – FM-Museum

Sonderausstellung FüUS Wien | 2025
“Ratten im Museum”

Na ja, wir sind dann doch noch mit großen Mühen am Zielort eingetroffen. Dort angekommen hat sich natürlich wiederum eine kleine neue Herausforderung ergeben, vor der mich René eigentlich schon vorher hätte warnen können. Der bestimmte Lieferort war nämlich eine Kaserne der Landeshüter. Und wie ich ja schon mal in Erfahrung bringen durfte, kommt man da nicht so ohne weiteres hinein. Außer man hat einen triftigen Grund, einen Termin, oder man arbeitet dort. Also das hilflos überladene Motorrad zur allgemeinen Belustigung der Wachsoldaten auf dem vorgesehenen Parkplatz abstellen, dem Günter den Auftrag erteilen aufzupassen, dass ja keiner von den Akkus wegkommt und mit dem Ü-Ü Beleg den Weg zum Wachlokal antreten. Dort dem diensthabenden Soldaten mein Anliegen erklären und dann warten, bis mich der zuständige Oberst, dem die Dinger schlussendlich gehören würden, von der Torwache abholt. Der hat sich natürlich auch einen ordentlichen Grinser nicht verbergen können, als er mein Motorrad mit den Unmengen an schweren Akkumulatoren drauf erblickt hat. Gemeinsam haben wir dann die Maschine mitsamt der Ladung Strom drauf in die Kaserne und zum Museum geschoben. Nicht allerdings, ohne dabei die eine oder andere komische Meldung über die momentane Situation abzulassen. Ich war in dem Moment stink sauer auf den René, und dass ich mich auf diese wirklich blöde Aktion überhaupt eingelassen habe. Meine Beruhigung in dem Moment war lediglich die Hoffnung, dass Julchen wenigstens ihre Arbeit korrekt macht und dem René dabei ordentlich auf den Geist geht.
Schnaufend haben wir die Maschine vor dem Museum abgestellt und der Herr Oberst hat gemeint, dass bevor wir das ganze Zeug abladen und im Archiv verstauen er mir zuerst mal sein Museum als Belohnung für den Transport zeigen wird. Damit hat er bei mir natürlich genau den richtigen Punkt getroffen. In mir ist augenblicklich die verloren geglaubte Energie zurückgekehrt und ich war schon sehr gespannt, was mich jetzt da alles Neues erwarten würde. Ich muss schon sagen, ich bin nicht enttäuscht worden. Im Gegenteil. Das Museum entsprach zwar in seiner Ausbreitung eher einer mittleren Wohnung, dennoch ist darin jeglicher Platz wohlweislich ausgenützt. Sprich, es war wirklich vollgestopft mit allerlei Gerätschaften, deren Bedeutung und Anwendung ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht richtig einordnen konnte. Das sollte sich dann aber doch relativ schnell ändern.
Ab dem Zeitpunkt, in dem wir das Museum betreten haben, dürfte beim Herrn Oberst irgendetwas Gröberes passiert sein, denn von jetzt an sind die Informationen und Erklärungen zu den einzelnen Ausstellungsstücken, ausgemalt mit diversen lustigen Geschichten, nur so aus ihm herausgesprudelt. Die erste Einweisung hat dann fast zwei Stunden gedauert und ich habe Sachen von Dingen erfahren, die ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte und von denen ich mir auch nicht vorstellen konnte, wie so etwas überhaupt möglich ist und für was man diese verwendet. Das ist doch tatsächlich eine ganz große Sammlung von Gerätschaften, mit denen man lautlos miteinander reden kann und wenn ich das sogar richtig verstanden habe, auch über die Luft.
Irgendwann habe ich den Herrn Oberst aber in seinen umfangreichen Ausführungen unterbrechen müssen, da es draußen angefangen hat, ganz leicht zu regnen und wir noch nicht mit dem Ausladen der wertvollen Fracht begonnen hatten. Also war es höchste Zeit, diese sicher und geschützt im Kellerlager unterzubringen. Irgendwie ist mir dabei aber vorgekommen, als ob die einzelnen Stromkastln diesmal schwerer als beim Einladen waren. Ob die leichter werden, wenn der ganze Strom da nicht mehr drinnen ist? Ich habe mir diese Frage aber bei unserer Schlepperei wohlweislich verkniffen. Der Herr Oberst hätte mir das sicher plausibel erklären können, doch dann wären wir mit dem Ausladen sicher bis am Abend nicht fertig geworden. Das kann ich noch zu einem späteren Zeitpunkt in aller Ruhe genauer ergründen. So haben wir schlussendlich alle Kisteln rechtzeitig in Sicherheit bringen können, bevor draußen der große Sommerguss heruntergekommen ist. Der Herr Oberst war auch froh, dass wir es noch geschafft hatten und wir sind nach getaner Arbeit wieder hinauf ins Museum gegangen. Übrigens, der Lagerkeller war genauso voll mit solchen Dingern wie oben. Anschließen war wie immer eine weitere ganz große Lehrstunde für mich angesagt. So habe ich unter anderem erfahren, dass es sich bei den ausgestellten Exponaten allesamt um Geräte handelt, die für die Feldkommunikation der Landeshüter im Laufe der Zeit die unterschiedlichsten Verwendungen gefunden haben.
Im weiteren Gespräch ist es dann aber wieder einmal passiert. Der Herr Oberst hat mir erzählt, dass er das alles in seiner langjährigen Tätigkeit als Fernmelder und Ausbilder in der zugehörigen Schule zusammengetragen hat und ihn seither die Sammelleidenschaft nicht mehr loslassen will. Leider betreibt er das schon Jahrzehnte lang ganz alleine und ist immer froh, wenn ihn wer mit Enthusiasmus und Feinfühligkeit für das Thema dabei unterstützt. Das war natürlich für mich gleich wieder die richtige Herausforderung und ich habe ihm sogleich angeboten, ihn mit mir möglichen Arbeiten zu unterstützen, wenn er mir im Gegenzug ein wenig mehr über diese seltsamen Exponate und ihre technische Funktionsweise beibringen würde. Der skeptische Blick vom Herrn Oberst hat wieder erwarten nicht sehr lange gedauert und nach einer kurzen, nachdenklichen Pause dürfte ihm diese Idee eigentlich auch ganz gut gefallen haben. Der einzige Wermutstropfen dabei war lediglich, dass mein Dienstantritt jeweils um spätestens sieben Uhr früh sein würde. Das war natürlich für mich jetzt nicht die großartige Herausforderung und so durfte ich auch gleich meinen ersten Arbeitsauftrag ausführen. Der Herr Oberst hatte eh auch noch etwas anderes zu erledigen und war wahrscheinlich froh, sich meinen eindringlichen Fragen eine Weile entziehen zu können.
So habe ich als erstes einmal begonnen, ausgerüstet mit einer ordentlichen Anzahl an Putzutensilien, das kleine Museum von dem seit einiger Zeit eingelagerten Staub zu befreien. Nicht aber, ohne mir dabei die einzelnen Ausstellungsstücke ein wenig genauer und intensiver anzusehen. Das war alles unerklärliches Neuland für mich. Alle Kastln schauten dabei irgendwie ähnlich aus. Kleinere oder größere Kisten mit einem ganzen Haufen Knöpfen drauf und an den Seiten sind überall verschieden große Kabel herausgekommen. Sehr seltsam. Ich bin wirklich schon gespannt zu erfahren, was man mit denen so alles anstellen kann.
Doch wie es immer so sein soll, war schlussendlich mein Einsatz an diesem Tag doch nicht von allzu großem Erfolg gekrönt, obwohl ich mich wirklich bemüht habe und mir eigentlich keiner großen Schuld bewusst bin. Zur Erklärung sei erwähnt, ich habe im Zuge meiner Aufräumarbeiten so eine Ratte der Lüfte gefunden. Da es in dieser Stadt bei Strafe verboten ist, diese zu füttern, weil sie Krankheiten übertragen und auch nur Dreck machen und lästig sind, habe ich unverzüglich die Entsorgung im Mülleimer durchgeführt, damit sie eben kein weiteres Unheil anrichten kann. Das sollte sich aber wieder einmal recht schnell als eine ganz blöde Idee von mir herausstellen.
Kurz vor Dienstschluss an diesem Tag hat der Herr Oberst natürlich meine Arbeit ausgiebig begutachtet und war vorerst auch sehr angetan von den ersten sauberen Bereichen, die ich geschaffen hatte. Doch als er die Taube im Mistkübel gefunden hat, ist seine Stimmung schlagartig gedreht. Er hat mich mit sehr bösem Blick angeschaut, die Taube aus dem Mist gefischt, verzweifelt versucht sie wieder zu reinigen und mich dabei schroff gefragt, wie ich auf die irre Idee kommen könne, seine Elfriede einfach im Müll zu entsorgen. Ich bin einfach nur dagestanden und hatte keine Ahnung gehabt, was jetzt eigentlich los sein soll. Er hat nur noch gemeint, dass er dringend wegmüsse und ich auch Feierabend machen könne. Wir würden uns dann morgen in der Früh wieder sehen.
Ganz habe ich diese Aktion allerdings nicht verstanden und so habe ich halt auch ,zwar ein bisschen geknickt, meinen Heimweg angetreten. Ich glaube, ich werde besser in den nächsten Tagen lieber niemandem von diesem Missgeschick erzählen.
Podcast-Erklärung und Informationen zum Thema
Informationen zu der Grafik
Standort des neuen Fotos (2024) | FM-Sammlung – Starhemberg Kaserne |
Titel eingearbeitetes altes Bild | Soldaten mit Tauben ca. 1918 |
Archiv | Urheber altes Bild | Obst Prikowitsch / FM-Sammlung |
Die Bilder der Originalausstellung sind im Format Format 120x90cm / Leinwand auf Keilrahmen / von echtleinwand | Wien produziert worden.
Die ganze Reise findet ihr unter www.zeitreisende.at
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Besten Dank, das Team von Photographics