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Tagebucheintrag 4-014 – FM-Museum

Sonderausstellung FüUS Wien | 2025

“Eine kryptische Aufgabe”

Copyright 2024 by Photographics | Matthäus Häupl, Wien

Auch heute Morgen bin ich wie jeden Tag in das Museum hinauf gefahren. Allerdings diesmal ohne Julchen. Die hat es wieder einmal vorgezogen, den einfacheren Weg zu gehen und daheim nur weiter in den Büchern zu studieren. Da läuft man auch nicht so Gefahr, dass man ab und zu mal ein wenig zupacken muss. Mir war das aber eh recht, da ich mich so ein wenig mehr auf meine eigenen Interessen konzentrieren konnte und mir nicht immer diverse Antworten auf ihre Fragen einfallen lassen musste, von Dingen, die ich selbst noch nicht genau in Erfahrung bringen konnte. So war es eben dann doch auch ein wenig stressfreier. Apropos stressfrei. Als ich im Museum angekommen bin, war vom Herrn Oberst heute weit und breit nichts zu sehen. Normaler Weise ist er immer der Erste, der dort auftaucht, aber an diesem Tag habe ich nur einen Zettel von ihm auf der Vitrine im großen Schauraum vorgefunden.

Liebes Mädel,

ich habe heute leider einen wichtigen Termin, der sich leider nicht verschieben lässt. Darum habe ich dir für diesen Tag eine praktische Aufgabe hinterlassen. Viel Spaß beim Rätseln.

Wünsche dir noch einen schönen Tag

Oberst Prikowitsch

Neben dem Schreiben habe ich einen weiteren Zettel gefunden, auf dem nur lauter Zahlen draufgestanden sind. Na super, dachte ich mir, und das soll jetzt eine Nachricht für mich sein?

TAGESSCHLÜSSEL für Heute: „FMSCHULE“

Beigelegt war auch noch eine grüne Karte, auf der zwar auch wieder ein ganzer Haufen Zahlen zu finden waren, aber diese dürften zumindest in irgendeinem Bezug zu jeweils einem definierten Buchstaben gehabt haben. Das kann ja heute lustig werden. Zum Glück ist die Kleine nicht mit, denn dann hätte ich sicher nicht die ausreichenden Nerven dafür aufbringen können, um mich mit dieser sicher nicht ganz einfachen Aufgabe in aller Ruhe zu beschäftigen.

Oiso, dann gema´s einfach mal an.
Ich habe mir die ganzen Sachen der Reihe nach aufgelegt und versucht, irgendeinen brauchbaren Zusammenhang zwischen den einzelnen Informationen zu finden. Da war zum Einen der Zettel mit den vielen Zahlen drauf und zum Anderen die wahrscheinlich grüne Endcodier-Karte dazu. Doch wie passen die beiden jetzt zusammen? Nach einiger Zeit der Betrachtung bin ich draufgekommen, dass ich ja etwas ganz Essenzielles übersehen hatte. Auf dem Zettel mit den Zahlen ist auch noch ein „Tagesschlüssel“ dabeigestanden. Dieser gehört möglicher Weise in die Code-Karte eingetragen. Das würde ja auch Sinn machen, denn
so kann man diesen nicht so leicht knacken, weil der sich ja jeden Tag neu verändert und die Zahlen dann immer einen anderen Sinn ergeben würden. Also mal schauen, ob man diesen in der Karte verwenden kann. Und wie wenn es so sein soll, hat der genau in die freien Felder auf der linken und rechten Seite hineingepasst.

So, jetzt habe ich zumindest einmal den Code-Schlüssel gefunden. Doch wie sollten die Zahlen da jetzt hineinkommen? Auf dem Zettel stehen ja Fünferbklöcke und in der Schlüsselkarte sind immer jeweils nur verschiedene zweistellige Zahlen einem Buchstaben zugeordnet. Also nochmals genau darüber nachdenken. Irgendwann war es mir dann zu blöd, und ich habe die ganze Wurscht von Zahlen nicht in Fünferblöcken, sonder in Zweierblöcken neu aufgeschrieben. Ich war mir dabei sicher, dass ich schon mal die richtige Richtung zur Lösung eingeschlagen hatte. Dennoch war mir der genaue Zusammenhang zwischen dem Tagesschlüssel, den acht verschiedenen Zahlen, die jeweils einem Buchstaben in der Code-Tabelle zugeordnet sind und dem Haufen Zahlen noch nicht ganz schlüssig.

Mir hat dann nach einer ganzen Weile der Kopf schon ordentlich geraucht von den ganzen Zahlen und ich hab ein wenig eine Auszeit gebraucht. Außerdem musste Günter ebenfalls mal wieder nach draußen, denn der hat auch schon die ganze Zeit ein wenig gegwengelt. Also mal raus in die frische Luft und einen ausgiebigen Spaziergang machen. Zu dem war es ja eh schon Zeit geworden, um irgendwo ein kleines Mittagsmahl einzunehmen. Und das hat wirklich gutgetan. Einmal ein wenig Abstand gewinnen zu einem Lösungsversuch von einer Aufgabe, ist oft nicht das schlechteste. Mit Gewalt kommt man sowieso irgendwann nicht mehr weiter. Und genau so war es auch. Im Gastgarten gleich ums Eck von der Kaserne, in der sich das Museum befindet, ist mir möglicher Weise die entscheidende Idee gekommen, wie ich die Nachricht doch noch entschlüsseln kann. Ich sollte einfach einmal versuchen, auch die Doppelzahlenblöcke in Verbindung mit dem Tagesschlüssel zu bringen. Dadurch könnte sich die Möglichkeit ergeben, dass jeweils eine Zahl einem Buchstaben entspricht und dadurch würden auch die vielen Zeilen bei der Zuordnung einen Sinn machen.

Wir sind nach dieser Erkenntnis dann relativ schnell wieder zurück ins Museum aufgebrochen und dort habe ich mir den Zettel mit der ganzen Zahlenwurscht nochmals ordentlich vorgenommen. Ich habe einfach über die Doppelzahlen den Tageschlüssel im Endlosverfahren darüber geschrieben und auf einmal hat sich für jede Zahl ein Buchstabe ergeben. Der hat dann in der Code-Tabelle wiederum eine Zeile ergeben, dem dann mit der Zahl ein eindeutiger Buchstabe zugeordnet war. Zu meinem großen Erstaunen hat das auch wirklich funktioniert. Denn auf einmal sind wirkliche Wörter herausgekommen, mit denen man auch etwas anfangen kann.

Ab jetzt hat es nur noch viel Zeit gekostet. Denn es war wirklich ein wenig mühsam, sich jedes Mal aus der Zahl die Zeile und dann den Buchstaben herauszusuchen. Aber vielleicht ist das ja auch ein Grund dafür, dass gewisse Nachrichten verschlüsselt werden, um es den Mithörern so unangenehm wie nur möglich zu machen, sodass sie irgendwann einmal freiwillig das Interesse am Lauschen verlieren. Kann sicher auch möglich sein. Jedenfalls nach einiger Zeit habe ich es doch geschafft, die Nachricht zu entschlüsseln und es hat dabei auch ein wenig Spaß gemacht, da mal selbst draufgekommen zu sein.

Und Schwupps, da war sie dann auch schon, die Nachricht vom Herrn Oberst. Es ist halt für den ganzen Haufen Zahlen effektiv nicht wirklich sehr viel Inhalt drinnen gestanden.

Liebes Mädel,

ich sehe, du hast meine Nachricht erfolgreich entschlüsseln können. Perfekte Arbeit. Da ich heute zu einem auswertigen Termin muss, steht für dich arbeitstechnisch auch keine wichtige Aufgabe an. Ich habe dir auf dem Schreibtisch ein Buch hinterlegt, indem du alle Informationen und Beschreibungen zu Telegrafie und Telefonie nachlesen kannst. Viel Spaß beim Durchschmökern.

Für deinen Einsatz nächste Woche in der HUAk in Enns wünsche ich dir alles Gute, grüß mir bitte alle da draußen ganz lieb und wir sehen uns dann in zwei Wochen wieder.

Einstweilen beste und kameradschaftliche Grüße

Obst Prikowitsch

Ich habe mich trotzdem über diese Art der Nachrichtenübermittlung und dessen Inhalt sehr gefreut. Mal schauen, ob ich irgendwann für ihn nicht auch so eine kryptische Nachricht hinterlassen werde.

Ich war richtig ein wenig stolz auf mich. Zwar habe ich fast den ganzen Tag damit verbracht, die kryptische Botschaft zu entschlüsseln, aber letztendlich habe ich es doch aus eigener Kraft geschafft. Leider ist jedoch auch diese Aktion nicht ohne einem ganz kleinen, aber bitteren Nachgeschmack, der mich am Schluss dann doch ein wenig ordentlich geärgert hatte, zu Ende gegangen. Da heute eh nichts mehr weiter im Museum zu tun war, habe ich mich nach Abschluss der Entschlüssellungstätigkeit mit Günter und dem schönen Buch vom Herrn Oberst, welches er mir als Geschenk dagelassen hatte, wieder zurück in den Gastgarten begeben. Dort war nochmals eine Jause angesagt und ich habe wie immer ausgiebig in dem Fachwerk geschmökert. Bis, ja, bis ich draufgekommen bin, dass ich vielleicht dies etwas früher machen hätte sollen. Denn in dem Kapitel zum Thema Verschlüsselung von geheimen Nachrichten wäre es ganz genau drinnen gestanden, wie die Vorgehensweise bei dieser kryptischen Nachricht ist, um zu einem lesbaren Klartext-Ergebnis zu kommen.

Ärgerlich. Aber nichts desto trotz, so habe ich es wenigstens wirklich kapiert wie es geht.


Podcast-Erklärung und Informationen zum Thema


Informationen zu der Grafik

Standort des neuen Fotos (2024)FM-Sammlung – Starhemberg Kaserne
Titel eingearbeitetes altes BildPENKALA Illustrationen
Archiv | Urheber altes BildObst Prikowitsch / FM-Sammlung

Die Bilder der Originalausstellung sind im Format Format 120x90cm / Leinwand auf Keilrahmen / von echtleinwand | Wien produziert worden.

www.echtleinwand.at

Die ganze Reise findet ihr unter www.zeitreisende.at


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Besten Dank, das Team von Photographics






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