
Tagebucheintrag 3/019-Wp08
“Eine Kanone für´s Gulasch”

Nun war sowohl mein Wissensdurst vorerst gestillt und mein Ego leicht angekratzt. Das und auch die langen Strecken, die wir über das Gelände zu Fuß zurücklegten, hatten bei mir starke Hungergefühle hervorgerufen. Und als ob der Oberst auch meine nonverbalen Gedanken lesen konnte, sagte er wie auf Stichwort: „So und jetzt gehen wir etwas essen. Da hinten steht unsere Gulaschkanone“.
Mir fuhr kurz der Schreck durch die Glieder. „Noch eine Kanone anschauen, aber ich dachte, wir gehen nun etwas essen?“ Entschlüpfte es mir halblaut. „Gleich gibt es Essen“, beruhigte mich der Oberst. Eine Gulaschkanone ist eine mobile Feldküche. Also ein Anhänger, welcher es ermöglicht eine größere Menge an Speisen auch an Kampfschauplätzen mitten im gesicherten Gelände zu kochen und an die hungrigen Soldaten und auch an die notleidende Bevölkerung abzugeben. Eine zufriedene und nicht hungernde Truppe ist viel besser zu führen und auch leistungsfähiger als eine unzufriedene. Daher ist die Gulaschkanone mit einem guten Koch und natürlich auch der Nachschub von Nahrungsmitteln für alle Truppen sehr wichtig, um nicht zu sagen das Wichtigste. „Ohne Mampf kein Kampf!“, wie mein Vater immer sagte.Natürlich kann der Küchenofen nur dort angeheizt werden, wo es sich nicht um geheime Operationen handelt. Sollte die militärische Annäherung geheim bleiben, gibt es kalte Küche. Denn der aufsteigende Rauch würde den Standort der Soldaten verraten. Diese Ansage konnte ich voll und ganz nachvollziehen.
Endlich waren wir an der Gulaschkanone angekommen und mir begann das Wasser im Mund zusammenzulaufen, denn es duftete herrlich. Leider war eine lange Reihe angestellter Soldaten vor uns. Disziplin ist bei den Soldaten alles und so mussten auch wir uns geduldig anstellen. Endlich war ich an der Reihe und mir wurde vom Küchenmeister ein Essgeschirr aus Blech überreicht. Dieses war mehr hoch als breit. Die anderen Soldaten hatten ihr Geschirr schon mitgebracht. Der Mann mit dem Schöpflöffel füllte das Gulasch in den Behälter, den ich ihm entgegenhielt. Dieses roch sehr gut, sah jedoch nicht so ganz appetitlich aus in diesem Blechhäferl.
„Wie sollte ich das bitte aus diesem Behälter essen?“, fragte ich den Oberst. Er lachte. „Das ist doch der falsche Behälter. In den tiefen Teil kommt nur die Suppe. Der flache Teil wäre fürs Gulasch gewesen.“ Schon wieder hatte ich etwas gelernt. Es gelang mir erst nach einer längeren Zeit, das komische Besteck, welches man mir ineinander verkeilt übergeben hatte, zu trennen. Vielleicht war es der fiese Hunger, welcher mir eine einfache Vorgehensweise zur Trennung der Metalldinger verwehrte. Endlich schaffte ich es. Wer kann so etwas erfinden. Nur einem Mann kann so etwas einfallen, dachte ich mir. Nach und nach gelang es mir dann auch, die Semmelstücke mit dem Gulaschsaft zu tränken und danach aus dem unpraktischen Gefäß zu fischen und zu meinem Mund zu führen. Dabei tropften nur einige wenige Male Gulaschtropfen auf meine Bluse. Zu trinken gab es bloß Wasser oder kalten Tee. Trotz der widrigen Umstände stillte ich meinen Hunger.
Der Oberst hatte schon wieder etwas vorzutragen: „Dieses Geschirr nennt man Feldgeschirr. Jeder Soldat hatte so eines bei seinem Marschgepäck dabei. Es besteht aus Aluminium, hat dadurch fast kein Gewicht und ist daher auch leicht zu tragen und zu reinigen. Heutzutage ist das aber nicht mehr erlaubt, weil irgendwelche Forscher herausgefunden haben, dass Aluminium in Verbindung mit Lebensmitteln gesundheitsschädlich sein kann. Die Soldaten benutzten das Feldgeschirr viele Jahre und wurden davon nicht krank. Aber heutzutage ist eben alles ein wenig anders, seufzte der Oberst.
Neben mir saß ein junger Soldat, welcher öfters schüchtern zu mir herüberblickte. Ist er verhalten, weil ich mit dem Oberst rede oder weil ich ein Mädchen bin, fragte ich mich. Kurzerhand fragte ich ihn nach seinem Namen und er stellte sich als Florian vor. Sogleich war das Eis gebrochen und wir unterhielten uns über diverse banale Dinge. Irgendwie kam dabei auch zutage, dass er meinen Freund, den Renè gut kennt, weil er mit ihm zusammen arbeitete. Nun waren wir schon beinahe Freunde mit gemeinsamen Freunden und er lud mich zu sich nach Hause ein, um dort mit frisch gegrilltem Fleisch und guten Getränken gelabt zu werden.
Er bemerkte mein Zögern und setzte gleich nach, dass es in dem Ort, in welchem er lebt, auch eine ganz tolle Burg auf einem Felsen gibt, welche man von seinem Garten aus sehen könne. Nun gab es von meiner Seite kein Halten mehr und wir verabredeten uns.
Video-Erklärung und Informationen zum Thema
Informationen zu der Grafik
Standort des neuen Fotos (2021) | Feldkochherd unter Zelt |
Titel eingearbeitetes altes Bild | Versorger |
Copyright | Fotograf | BMLV |
Archiv | Urheber altes Bild | HBF | Österr. Bundesheer |
Die ganze Reise findet ihr unter www.zeitreisende.at
Wenn euch die Grafiken unserer Reise gefallen haben, würden wir uns auch über eine kleine Spende freuen.
Besten Dank, das Team von Photographics